Manchmal fragt man sich wirklich, wie es mit der gesellschaftlichen Inklusion vorangehen soll, wenn es schon im Freundes- und Bekanntenkreis nicht klappt.
Kürzlich habe ich Freunde in Kassel besucht, die ihr Haus mit Smart-Home-Technologie ausgestattet haben. Ich war ganz begeistert. Einfach „Licht an“ oder „Licht aus“ sagen, und schon ist es hell oder dunkel, mit dem Sprachbefehl das Radio lauter oder leiser stellen und im oberen Stockwerk per Zuruf die Haustür öffnen. Herlich, das hätte ich auch gerne, lässt sich aber in meiner kleinen Mitwohnung schlecht umsetzen.
Ich erzählte davon einer Bekannten, die ich seit vielen Jahren kenne. Ihre Antwort:
„Ja, für so Menschen wie dich – da ist das sicher praktisch, aber…….“
Ich habe dann sofort interveniert:
„Was soll das denn heißen: So Menschen wie du?“
Und die Bekannte meinte dann nur: „Ach, so meinte ich das ja gar nicht, ich meinte für Menschen mit Behinderung.“
Was das Ganze nicht besser machte.
Hört auf, in Kategorien zu denken!
Jetzt ganz abgesehen von sicherlich auch berechtigten Datenschutz- und Überwachungsbedenken mit Blick auf Smart Home, die sicherlich angebracht sind. Mir geht es aber darum, dass solche Äußerungen mir immer wieder zeigen, dass es für viele Menschen immer noch ein „wir“ und „die“ gibt und dass Menschen mit Beeinträchtigung immer noch als spezialgelagerter Sonderfall angesehen werden. Und das leider auch im engsten Umfeld, und das macht mich wirklich traurig.
Das Gleiche gilt übrigens auch in dem Fall, wenn die Kollegin, mit der ich seit Jahren zusammenarbeite im Telefonat sagt: Ja, ich sitze hier mit x, y, z – und Saskia.“ Saskia heißt dann in dem Fall: das ist die Kollegin, die vielleicht in manchen Fällen Unterstützung braucht. Und ganz ehrlich, das macht mich nicht nur traurig, sondern wütend. Denn zum einen hat jede einzelne Person eine Beeinträchtigung – ob sichtbar oder nicht – und zum anderen: genau das macht uns zu Menschen, denn wir sind keine perfekten Maschinen. Und indem wir uns gegenseitig unterstützen, Beeinträchtigungen ausgleichen oder Fähigkeiten, die gerade wegen dieser Beeinträchtigungen entstanden sind neu nutzen – entsteht Vielfalt und Teilhabe.
Dass ich mich für Smart-Home-Technologie begeistere, hat übrigens so gar nichts mit meiner Beeinträchtigung zu tun – in dem Fall bin ich einfach nur faul😊.
Liebe Saskia, danke für deine Darstellung und auch für deinen Humor 🧚
Hallo Saskia,
vielen Dank für diesen Beitrag. Inhaltlich hätte der von mir sein können. Ich hatte mit einer Bekannten ein fast identisches Gespräch.
Ich war vor kurzem dienstlich auf einem europaweiten Seminar zum Thema Inklusion bei Erasmus+ in der beruflichen Bildung. Selbst bei diesem Thema, war eher die Sprache von „diesen Menschen“ und nicht von einem „wir“ und obwohl das Wort Inklusion im Titel des Seminars vorkam, verwendete man ihn sehr häufig synonym mit Integration…
Hallo Kerstin, ja, das ist echt traurig und gerade wenn man das dann nicht nur bei Fremden, sondern auch im engeren Umfeld mitbekommt, fragt man sich, welche Lösungen es gibt, um vom „ihr“ zum „wir“ zu kommen. Aufgeben ist für mich jedenfalls keine Option und ich denke, je mehr Sichtbarkeit man schafft – durch aktives Teilnehmen an der Gesellschaft oder auch im Netz, um so höher ist die Chance, mehr Menschen zu erreichen und zu sensibilisieren.